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Pressemitteilung -

Europäische Fahrradindustrie kämpft mit deutlicher Marktschwäche – Hersteller müssen Strategien anpassen

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  • Absatz von Fahrrädern und E-Bikes in Deutschland bricht 2023 um 13 Prozent ein, vor allem Bio-Bikes stark betroffen
  • Lagerbestände bleiben hoch, mit Bestandsreichweiten bis zu neun Monaten
  • Markterholung erst ab 2026 in Sicht

München, Oktober 2024: Die europäische Fahrradindustrie befindet sich in der Krise. Nach den Boom-Jahren 2021 und 2022 kämpft die Branche aktuell mit Überkapazitäten, steigenden Kosten und einem massiven Rückgang der Nachfrage nach Fahrrädern ohne Motor (Bio-Bikes). Laut Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV) ging der Absatz von Fahrrädern 2023 in Deutschland um 13 Prozent zurück. Besonders hart trifft es dabei die Hersteller von Bio-Bikes, während der Markt für E-Bikes stabil bleibt. Dennoch steht die gesamte Branche unter erheblichem Druck, sich schnell an die veränderten Marktbedingungen anzupassen. Roland Berger und das Fachredaktionsbüro pressedienst-fahrrad haben in der Studie „Die europäische Fahrradindustrie im Krisenmodus“ 34 Führungskräfte von Fahrradherstellern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zu den aktuellen Herausforderungen und Chancen der Branche befragt.

„Der anhaltende Rückgang bei den Bio-Bikes ist alarmierend, und viele Hersteller stehen vor Liquiditätsproblemen. Jetzt sind strenge Kostendisziplin und die Optimierung des Working Capital entscheidend, um das Geschäft zu sichern“, erklärt Mathias Heller, Director bei Roland Berger IMPEX.

Überbestände belasten Branche
Die Fahrradindustrie, die in den letzten Jahren von der wachsenden Nachfrage nach umweltfreundlicher Mobilität profitierte, sieht sich nun mit vollen Lagern, steigenden Produktionskosten und sinkenden Margen konfrontiert. Der Handel ist vorsichtig mit neuen Bestellungen, was zu einer massiven Unterauslastung der Produktionskapazitäten führt. Hohe Lagerbestände belasten die Liquidität vieler Unternehmen. Mehr als die Hälfte der befragten Fahrradhersteller haben Bestände mit Bestandsreichweiten von mehr als sechs Monaten; über ein Viertel sogar für mehr als neun Monate. Über 70 Prozent der befragten Branchenexperten erwarten einen weiteren Umsatzrückgang im Jahr 2025 – mehr als die Hälfte gar von über 10 Prozent.

Liquiditätssicherung und Kostendisziplin stehen im Fokus
Zur Sicherung der Liquidität greifen Fahrradhersteller auf die folgenden Maßnahmen zurück: Neben dem Abbau der weiterhin sehr hohen Komponentenbestände und einer Reduzierung des Materialeinkaufs werden sie auch ihre Rabattpolitik länger fortsetzen müssen als geplant. Fast zwei Drittel der Befragten nutzen derzeit hohe Rabatte und eine deutlich verringerte Neuheitenanzahl, um die Bestandssituation zu verbessern und Liquidität zu generieren.

Der Zugang zur Finanzierung gestaltet sich weiter schwierig: 60 Prozent der befragten Marktteilnehmer erwarten eine unverändert schlechte oder sich weiter verschlechternde Finanzierungssituation insbesondere auf Seiten der Kreditinstitute.

Erholung erst ab 2026 in Sicht
Die Studienautoren gehen davon aus, dass der Absatz in Europa in den nächsten Jahren stagnieren wird, während der Umsatz allerdings steigt. Nach 22,1 Million Stück verkauften Fahrrädern in Europa in 2021, wird der Wert für 2024 bei 15,3 und für 2026 bei 15,9 liegen. Mit Blick auf den Umsatz, der 2021 18,3 Milliarden Euro in Europa betrug, sehen die Experten für 2024 einen Wert von 17,5 und für 2026 sogar 20,0 Milliarden Euro – getrieben durch den steigenden Anteil an teureren E-Bikes.

„Der Markt wird sich in den kommenden Jahren langsam erholen. Für 2026 ist zwar eine Normalisierung der Absatzsituation zu erwarten – allerdings unter dem Niveau der Boom-Jahre 2020/2021“, so Heller.

Fünf Erfolgsfaktoen für ein resilientes Geschäftsmodell
Die Studie zeigt fünf wesentliche Maßnahmen auf, die Hersteller ergreifen sollten, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen und sich für die Zukunft besser aufzustellen. Zunächst sollte das Sortiment optimiert werden, denn eine Straffung des Produktportfolios führt zu einem geringeren Working-Capital-Einsatz, besserer Ressourcennutzung und reduzierter Komplexität bei Bedarfsplanung, Einkauf und Produktmanagement. Fast zwei Drittel der befragten Teilnehmer sehen bei sich und anderen Fahrradherstellern die Sortimente aktuell als (deutlich) zu groß an.

Weiterhin gilt es die Neuheitenpolitik zu überdenken und den Kundenfokus zu erhöhen. Denn mehr als die Hälfte der Teilnehmer sieht Defizite bei der klaren Konsumentenfokussierung. Aber nicht jede Saison sind große Überarbeitungen des Modellprogramms notwendig. Auch mit einer begrenzten Anzahl an Neuheiten bekommen Hersteller Aufmerksamkeit beim Kunden, ohne die Organisation und die finanzielle Situation zu stark zu belasten. Ferner hilft die Stärkung der Lieferantenbasis, Abhängigkeiten zu vermeiden.

E-Bikes sind teurer und komplexer in der Wartung; somit steigt die Involvierung der Konsumenten bei Kauf und Besitz. Starke Marken werden dabei wichtiger, um den Konsumenten eine Orientierung zu geben. Daher sollten Hersteller in die Stärkung ihrer Marken(-bildung) investieren. Letztlich erfordern die operativen Herausforderungen ein schnelles und konsequentes Handeln. Es gilt daher, die Strategie mit Blick auf die Vertriebswege (B2B vs. D2C) sowie Marken- und Marktpositionierung (Vollsortimenter vs. Nischenanbieter, lokal vs. regional vs. global) zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen.

„Nur wer jetzt konsequent seine Kosten im Griff hat, seine Markenstrategie stärkt und die Prozesse optimiert, wird in der Lage sein, die Krise zu überstehen und von der künftigen Nachfrage nach CO2-freier Mobilität zu profitieren“, resümiert Heller.

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Roland Berger ist eine weltweit führende Strategieberatung mit einem breiten Leistungsangebot für alle relevanten Branchen und Unternehmensfunktionen. Roland Berger wurde 1967 gegründet und hat seinen Hauptsitz in München. Die Strategieberatung ist vor allem für ihre Expertise in den Bereichen Transformation, industrieübergreifende Innovation und Performance-Steigerung bekannt und hat sich zum Ziel gesetzt, Nachhaltigkeit in all ihren Projekten zu verankern. Im Jahr 2023 verzeichnete Roland Berger einen Umsatz von über einer Milliarde Euro.

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