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Pressemitteilung -

Stärkung der Gläubigerautonomie noch nicht erreicht

Heidelberg/München, Januar 2018: Fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten bewertet die Mehrheit der Marktteilnehmer (93%) das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) insgesamt positiv. Trotzdem spalten sich die Meinungen darüber, ob alle damit verbundenen Ziele erreicht wurden, so die neue "ESUG-Studie" (Download) von der Heidelberger gemeinnützigen Gesellschaft für Unternehmensrestrukturierung (HgGUR) und Roland Berger. Befragt wurden rund 2.300 Manager sowie Sanierungs- und Insolvenzexperten.

"ESUG wird insgesamt gut angenommen und ist bei der Sanierung von Unternehmen mittlerweile Normalität geworden", sagt Christopher Seagon, Partner von Wellensiek und geschäftsführender Gesellschafter der HgGUR. "Deutschland als Sanierungsstandort hat ESUG stark voran gebracht." So haben sich im Einführungsjahr 2012 nur 53 Prozent der Befragten mit ESUG-relevanten Fällen befasst; 2017 waren es bereits 94 Prozent. Die Mehrheit der Befragten hat Erfahrungen mit einer vorläufigen Eigenverwaltung (94%), mit vorläufigen Gläubigerausschüssen (90%) oder mit Schutzschirmverfahren (88%) gemacht. Mit Insolvenzprozessen, die auch Eingriffe in die Gesellschafterstruktur ermöglichen – etwa durch Debt Equity Swaps – haben dagegen bisher nur rund 44 Prozent der Befragten Erfahrung gemacht.

Komplexität bei Sanierungs- und Insolvenzfällen hat sich weiter erhöht

Bei Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung ist einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren weiterhin die frühzeitige Einbindung und Unterstützung durch insolvenz- und gerichtserfahrene Experten (94%). Denn die größte Herausforderung bleibt, ein vollständiges Sanierungskonzept vor Antragstellung fertig zu stellen (67%): "Die gesetzlichen Anforderungen sind sehr hoch und je nach Gericht variieren die geforderten Inhalte. Eine Antragstellung ohne professionelle Vorarbeit ist nicht realisierbar", sagt Michael Blatz, Partner von Roland Berger und geschäftsführender Gesellschafter der HgGUR.

Die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Verfahrenseröffnung sind nach Meinung der Befragten zudem eine gesicherte Fortführung des Unternehmens und die vorherige, detaillierte Abstimmung mit dem vorläufigen Gläubigerausschuss, dem Sachwalter und dem Insolvenzgericht. "Ohne die volle Unterstützung aller Stakeholder und umfassende Kompetenz des Sachwalters und des Managements hilft das beste Sanierungskonzept nichts", erklärt Roland Berger-Partner Michael Blatz. Auch die Komplexität bleibt weiterhin hoch. Neben der Einführung eines Sachwalters, kommt dem Management eine immer größere Bedeutung zu. "Durch die gestiegene Anzahl der Beteiligten und deren umfassenderes Mitspracherecht, können sich, vor allem bei komplexen Fällen, die Abstimmungsprozesse und wichtige Entscheidungen zur Fortführung eines Unternehmens verzögern", erklärt Christopher Seagon. "Ausschlaggebend ist daher eine klare Kompetenzverteilung zwischen Management- und Insolvenzexpertise im Geschäftsleitungsgremium."

ESUG-Ziele bisher nur teilweise erreicht

Obwohl sich die Erwartungen der Sanierungsexperten an ESUG größtenteils erfüllt haben, sind noch einige Punkte offen. Dazu gehört zum Beispiel die Stärkung der Gläubigerrechte: Für 47 Prozent der Befragten wurde dieses wichtige Ziel bisher nicht erfüllt. Rund die Hälfte der Studienteilnehmer bemängelt außerdem, dass ein Mentalitätswechsel noch nicht stattgefunden hat. "Deutschland braucht eine neue Insolvenzkultur", sagt Jörg Eschmann, Partner von Roland Berger. "Sie hat sich mit dem ESUG zwar verbessert, dennoch wird das Insolvenzverfahren immer noch nicht durchgängig gezielt als Sanierungsstadium genutzt, trotz der positiven gesetzlichen Anreize."

Bei aller Kritik ist aber die Mehrheit der Umfrageteilnehmer mit ESUG zufrieden: Nur 17 Prozent sind der Meinung, dass das außergerichtliche Insolvenzverfahren bald reformiert werden sollte. Negativ aufgefasst wurde dagegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, den Erlass zur Besteuerung von Sanierungsgewinnen aufzuheben. Drei Viertel der Befragten sehen hierdurch eine existenzielle Bedrohung für Unternehmen in Sanierungsfällen.

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